FWG will mit allen sprechen
Die Freien Wähler sind die Gewinner der Wahl, und auch die Grünen legen zu
Bei der Suche nach Erklärungen für das Wahlergebnis werden die Kommunalpolitiker schnell fündig. Sie verweisen in erster Linie auf überregionale Themen.
Von Alexander Schneider und Stefanie Heil
Weilrod. Die Würfel sind gefallen. Seit gestern Nachmittag steht das amtliche Ergebnis der Gemeindewahl vom Sonntag fest. Danach kommt die Freie Wählergemeinschaft (FWG) auf 37,2 Prozent der Wählerstimmen. Das sind 12,3 Prozent mehr als bei der Wahl vor fünf Jahren. Auf die FWG entfallen damit 12 der 31 Sitze in der Gemeindevertretung, vier mehr als bisher. Zweitstärkste Kraft im Parlament ist mit einem Stimmenanteil von 24 Prozent (2006: 31,3 Prozent) die SPD. Die Sozialdemokraten werden demzufolge mit 7 Sitzen (2006: 10) in der Gemeindevertretung sitzen. Platz 3 ging an die CDU, die auf 23 Prozent (2006: 30,7 Prozent) und ebenfalls sieben Sitze (2006: 9) kam. Deutlich zugelegt haben auch die Grünen. Sie erhielten 15,8 Prozent der Stimmen (2006: 9 Prozent) und sind künftig mit 5 Abgeordneten (bisher 3) im Plenum vertreten.
Klarer Sieger der Wahl ist somit die FWG. Götz Esser, Spitzenkandidat und bisheriger Parlamentsvorsteher, sagte gestern: «Phänomenal, auf zehn Sitze haben wir gehofft, von 11 haben wir geträumt, nun sind es sogar zwölf geworden. Damit hätten wir nie und nimmer gerechnet.» Für Esser hat sich der aufwendige, bürgernahe Wahlkampf offenbar gelohnt, die Wähler hätten die positive Arbeit der FWG erkannt und ihr den Auftrag erteilt, auf diesem Weg fortzufahren: «Ganz offensichtlich haben die Weilroder unsere Wahlbotschaft, wonach die FWG das Bindeglied in der lokalen Politik ist, verstanden.
Was die Zusammenarbeit im neuen Parlament anbelangt, so bietet Esser allen Mitbewerbern Gespräche an: «Wir möchten alle Kräfte zum Wohle einer soliden Gemeindepolitik in die künftige Arbeit einbinden, mit Fairness, Augenmaß und auch mit Kompromissbereitschaft», sagte Esser, der auch nach den Veränderungen durch das Kumulieren noch auf Platz 1 der Liste steht. Ihm folgen Otfried Mohr, Klaus-Peter Datz, Bernd Müller, Jens Heuser und – Altbürgermeister Hartmut Haibach! Er wurde von Listenplatz 31 auf Platz 6 hochkumuliert.
«Solidarhaftung»
Peter Geyer, Vorsitzender der CDU und auch Spitzenkandidat der Union, sagte, CDU und SPD seien vom Wähler in «Solidarhaftung» genommen worden. Ganz offensichtlich sei das Wahlergebnis auf überörtliche Zusammenhänge zurückzuführen, «dafür wurden wir abgestraft». Die CDU werde nun zu analysieren haben, was sie in den vergangenen fünf Jahren gut gemacht hat und was schlecht. Darauf habe sie sich einzustellen, und daran werde sie ihre künftige Arbeit ausrichten. An den Programmen könne es nicht gelegen haben, die seien im Wesentlichen ähnlich gewesen.
Geyer hofft, dass die neue Gemeindevertretung nun rasch zu sich selbst findet und sich neu organisiert, «ohne Machtkämpfe». Mit seinem eigenen Ergebnis ist Geyer recht zufrieden, er war auf Platz 1 gestartet und landete auf Rang 3 hinter den Hasselbachern Clemens Gattinger und Stefan Mühle: «Ich bin immer noch neu im Geschäft und mit meinem Stimmergebnis durchaus zufrieden.»
Auch Dr. Stephan Wetzel (SPD) machte gestern in seiner ersten Stellungnahme eine übergeordnete Politik- und Parteienverdrossenheit für das schlechte Abschneiden der SPD verantwortlich. Die Grünen hätten stark von der aktuellen Energiedebatte profitiert, aber auch die FWG, die deshalb überall «durch die Decke gegangen ist». CDU und SPD hätten dies auszubaden gehabt: «Anders kann ich es mir nicht erklären. Die gute Arbeit, für die Axel Bangert als Bürgermeister wiedergewählt wurde, haben schließlich wir im Parlament vorbereitet und umgesetzt. Es ist auch unsere Politik.»
Fehler im Wahlkampf habe die SPD nach seiner Einschätzung nicht gemacht, im Gegenteil: «Wir waren die Partei mit der griffigsten Darstellung – ein zweites Altenheim, der Ausbau der Kinderbetreuung, die Fortsetzung des Straßenbauprogramms – dafür müssen wir uns nicht verstecken.» Wetzel war als Spitzenkandidat der SPD angetreten, verlor durchs Kumulieren aber einen Platz und musste die Führung an den Riedelbacher Arno Hahn abgeben. Es folgen Armin Klimmek und Parteichef Armin Hasselbächer.
Für Carsten Filges, vor und nach der Wahl Frontmann der Grünen, erreichte die Partei ein sensationelles Ergebnis: «So gut waren die Weilroder Grünen noch nie!» Das Wahlziel, die parlamentarische Präsenz von drei auf vier Sitze zu erweitern, sei sogar noch um ein Mandat übertroffen worden. Erfreulich sei auch, dass man im Gemeindevorstand nun über zwei Sitze verfüge.
Glaubwürdigkeit
Das unerwartet gute Ergebnis führt Filges zum einen darauf zurück, dass die Grünen mit einer «starken Truppe, die die Erfahrung altgedienter Kommunalpolitiker und den Optimismus junger Kräfte vereine, angetreten sei, zum Teil sicherlich aber auch auf die Atomkatastrophe in Japan. Der Wähler habe den Grünen ihre Haltung zur Atomkraft aber abgenommen: «Ganz offensichtlich stufen uns unsere Weilroder Wähler aber auch sonst als glaubwürdig ein, anders lässt sich das Super-Ergebnis nicht erklären», sagte Filges.
Bürgermeister Axel Bangert (SPD) hatte sich bereits gestern Vormittag auf Basis des Trendergebnisses vom Sonntagabend zum Wahlergebnis geäußert. «Es ist ein Trend, dass die etablierten Parteien abgestraft werden für Dinge, die die Politik im Ort nicht zu verantworten hat», sagte er im TZ-Gespräch.
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